Wenn Kunst wie Medizin wirkt
Von Julia Hahn, 07.12.2017
Graffiti verbinden Manchester, Berlin und Köln sowie viele andere Zentren der Welt.
Wolfgang Schumacher hält die Werke der Street-Art-Künstler in seinen Arbeiten erneut
fest. Doch statt Spraydosen und Mauern nutzt er Ölfarben und kleine Holztafeln. Dennoch
dienen die Originale als Vorlage für seine Werke zu Stadträumen, die in der Klinik
Wersbach zu sehen sind. Bis März 2018 stellt Wolfgang Schumacher im Foyer drei Serien
zum Thema “so nah so weit” aus.
“Kunst ist auch ein Anliegen der Psychotherapie” sagt der Klinikdirektor Christoph Florange
bei der Vernissage am Freitag. Als nonverbaler Ausdruck von Gefühlen bindet die Klinik für
Psychosomatik auch künstlerische Elemente in ihre Therapien ein. Kunst könne zur
Genesung beitragen, erklärte der Neurologe. Wolfgang Schumacher ist 1957 in Opladen
geboren und wohnt nun in Hilgen. In Wersbach zeigt er als lokaler Künstler vor allem
Szenen aus Köln. Gleichwohl zeigen Eindrücke aus anderen Stadtlandschaften Europas die
Ähnlichkeiten der urbanen Stätten auf.
So prangt nun Mohammad Ali an den weißen Wänden des Klinikflurs, wie er schematisch
an eine Fassade in Manchester gesprüht wurde. Doch Schumacher reproduziert nicht bloß
das Bild aus England, sondern setzte das Werk des öffentlichen Raumes erst in Szene.
“Das Graffito wirkt doch viel besser in blau” befand das Mitglied der AG Leverkusener
Künstler und ließ es in seinem Werk in Farbe eindringlicher wirken. So erscheint die
besprühte Wand der Kölner Südbrücke deutlich sauberer und heller als in der Realität, und
auch bei seiner Zeichnung einer Bahnunterführung im Belgischen Viertel etwa lenken keine
Stromleitungen oder Zäune von der Sprühkunst ab.
Wolfgang schumacher gibt den Graffiti die Theatralität, die sie im Stadtraum häufig nicht
bekommen. Für eine weitere Serie verwendete er eine Kamera als “optisches Notizbuch”.
Die Eindrücke hielt er anschließend in schwarz und weiß fest: Szenen aus Köln sind in
Flächen konvertiert, die Linien mit einem Ölstift abstrahiert. Die Motive sind Ausschnitte
von Architektur und dem städtischen Alltag - eine Dokumentation durch die Kamera, die
sich malerisch manifestiert.
Bilder aus Dover, London und Düsseldorf liegen der dritten Serie der Ausstellung in
Wersbach zugrunde. Der Künstler wandelte seine Aufnahmen der Orte digital mit einem
Fotofilter um, beschnitt sie auf Breitformate und reproduzierte sie mit dem Pinsel auf die
Leinwand. Es sind die Korrekturen der real gegebenen Vorlagen durch Bildveränderung und
das anschließende Erschaffen eines eigenen Kunstwerks, das die Serien verbindet.
Schumacher inszeniert die Städte durch Beleuchtung und Reduktion so, dass der
geografische Ort täuschend echt wiedergegeben wird. Doch eine kleine Portion medialer
Tricks passt ihn an die theatralen Ansprüche der Kunst an.