Mit dem Pinsel das Rad der Zeit vorgedreht
Von Monika Klein
Schlebusch - Man könnte meinen, Wolfgang Schumacher sei nebenan in der Schmiede auf
Motivsuche gegangen für seine Bilder, die er ab Sonntag in der Galerie des
Industriemuseums Sensenhammer zeigt. Tatsächlich hat er die Details industrieller
Architektur an verschiedenen Stellen im Ruhrgebiet entdeckt. Dabei geht es ihm nicht
darum, dass man die auf seinen Gemälden abgebildeten Orte wiedererkennt. Sondern er
bearbeitet sie stets so weiter, dass sie nicht mehr genau zu bestimmen sind. Dabei stand
am Anfang aller Exponate dieser Ausstellung mit neuen Bildern eine fotorealistische
Gestaltung. Bei den Industriedetails besorgte er anschließend mit Pinsel und Farbe das,
was sonst Wind und Wetter im Laufe der Zeit machen. Er brach glatte Oberflächen auf,
indem er sie mit Schmutz- oder Rostpartikeln von seiner Palette versetzte. Durch die
gezielte nachträgliche Beschädigung erreichte er eine noch plastischere Wirkung, die über
den Fotorealismus hinausgeht.
Neben diesen fast quadratischen Arbeiten zeigt der Maler aus Burscheid, der Mitglied der
AG Leverkusener Künstler ist, extreme Querformate. Während Menschen aus der anderen
Serie verbannt wurden, sind sie in dieser das eigentliche Thema. Schumacher interessierte
die Ästethik von Menschenmassen, die er auf der Straße, beim Radrennen rund um Köln,
im Biergarten oder im Museum beobachtete.
Auch hier schuf er nach fotografischen Vorlagen zunächst realistische Abbilder, um die
Gesichter dann durch Verwischen mit dem Pinsel unkenntlich zu machen und die korrekte
Struktur von Bäumen und anderen Motiven durch Übermalungen aufzulösen. Das
Individuelle drängt er zurück zugunsten der Wahrnehmung einer “Masse Mensch”. Wann
und wo er die Eindrücke mit der Kamera festgehalten hat, das notierte er sorgfältig, für
den Betrachter sollten Ort und Zeit unwichtig sein. Denn mit der Übermalung hat
Schumacher das Dokumentarische weggewischt zugunsten der formalen Ästethik, die nicht
nach der Entstehungsgeschichte fragt.
Künftig werde er noch weitergehen, erzählte er von seinem neuestem Bild, das er noch
nicht mitbrachte. Dafür hat er die Fotovorlage zunächst am Computer verfremdet, um sie
dann direkt beim Abmalen nochmals zu verändern.