Susanne Sandtner, Burscheid
Eröffnungsrede der Ausstellung in der Kleinen Rathausgalerie, Odenthal 2005
(Auszüge)
…
„TorontoNachtBild Puppen“: Der Künstler fokussiert unseren Blick auf einen kleinen aber
prägnanten Ausschnitt eines Schaufensters. Der Betrachter vermag sich in die Rolle eines
Passanten versetzt fühlen, der in abendnächtlicher Geschäftigkeit eines Großstadtbetriebes
vorübereilend, plötzlich aufschauen, innehalten muss. Für einen kurzen Augenblick scheinen
die leblosen Figuren in schrill-grellen Farbkontrasten, in dramatischem Farbenkampf, stumm
nach Beachtung schreiend, lebendig zu werden.
Diese bestechende Ambivalenz kommt in den Werken Wolfgang Schumachers immer wieder
zum Ausdruck: die beschriebene Lebendigkeit in leblosen Puppen, künstliche und natürliche
Lichtspiele, Tag und Nachtstudien, die aufblühende Natur in verrotteten Industrieanlagen.
Seine Vorliebe zu Industrieanlagen liegen zudem tief verwurzelt, arbeitete doch sein Vater
Toni Schumacher übrigens gebürtiger Kölner- schon in einem Stahlwerk als Werksfotograf.
Der Künstler fängt uns Momentaufnahmen ein, die er in seinem subjektiven Erleben
künstlerisch in Szene setzt. Genaue Detailausarbeitungen weichen dabei zunehmend einer
impulsiven Abstraktion der Gegenstände. Eine Dezimierung der Farbenpalette und
gleichzeitige Konzentrierung gleichartiger Farbtöne verleihen den Bildern eine besondere Tiefe
und Lebendigkeit. Dicke teilweise gespachtelte- schwungvoll gesetzte Pinselstriche vermitteln
den Eindruck fließender Fortbewegung, -Auflösung.
Wer Wolfgang Schumacher kennt, dem kann auch seine ausgeprägte Begeisterungsfähigkeit
nicht entgehen, mit der er Dinge und Gegebenheiten aufzunehmen - ja für sich zu entdecken
vermag. Seine feinen Antennen der Faszination werden durch alltägliche Szenarien,
Begebenheiten geweckt, an denen manch einer gedankenlos vorbei läuft, ohne sie überhaupt,
geschweige denn auch nur aus dem Augenwinkel heraus, zu registrieren: Verrottete
Stahlwerkrohre, alte Brückenpfeiler, still gelegte Zechenschienen, herunter gekommene
Autobahnzubringer usw.
Aber gerade solche für unser Empfinden vielleicht manchmal unschönen, nicht wirklich
idyllischen Motive Wolfgang Schumachers sehen sich geradezu als Einladung, einmal bewusst
hin zu schauen.
Hans Hartung hat einmal gesagt: „Was wir empfinden, ist viel stärker als alles Farbige, das
wir um uns sehen. Dabei verneine ich die Tatsache des Sehens nicht, im Gegenteil, sondern
will nur sagen, dass es nicht die einzige Art des Erkennens ist und dass wir noch viele Arten
haben.“
In diesem Sinne möchte ich Sie nun einladen: Nehmen Sie die Einladung jedes Bildes von
Wolfgang Schumacher an und empfinden Sie seinen ihm eigenen Ausdruck.