wolfgang schumacher
Hans Schmitz, Literat Zur Ausstellung im Bezirksrathaus Köln-Kalk, 2007 (Auszüge) Was sind das nun für „Kölner Bilder“? Man könnte vermuten, dass in einer an Sehenswürdigkeiten reichen Stadt klassische „Postkartenmotive“ zu erwarten sind. Und so ist es auch was die Motive betrifft allerdings nur teilweise. Sie werden die Rheinbrücken entdecken, die KölnArena, das RheinEnergieStadion, natürlich auch den Dom, aber auch viele andere, eher alltägliche Szenerien und Ausschnitte aus dem Leben in der Stadt. Die „klassischen“ Köln-Motive, auf vielen anderen Bildern fast schon inflationär genutzt, haben wenn sie denn verwendet werden- in Wolfgang Schumachers Bildern nicht die Hauptfunktion, sondern lediglich kompositorische Bedeutung im Zusammenspiel mit anderen Elementen. Vom Fotorealismus kommend, hat sich Wolfgang Schumacher vor allem in den letzten 10 Jahren immer mehr dahin entwickelt, verstärkt Bewegungsformen in seinen Bildern auszudrücken. Fließende Momentaufnahmen, flüchtig erfasste Augenblicke finden sich in seinen Bildern, aber auch Identifikationsmöglichkeiten, Markierungspunkte, an denen sich Menschen festhalten können im Leben dieses seit 2000 Jahren besiedelten urbanen Raumes. Insbesondere die jüngeren Werke setzen sich stark damit auseinander, dass sich in der bzw. durch die Zeit etwas verändert. Beredte Beispiele dafür sind vor allem die Bilder, in denen Baustellen von Gebäuden dargestellt sind, die mittlerweile vollendet sind. Reizvoll auch der Kontrast von Vergehendem und Entstehendem, wie z. B. auf dem 2003 entstandenen Bild „Im Wandel“, auf dem gleichzeitig die Abrissruine des Müngersdorfer Stadions und die Baustelle des neu entstehenden RheinEnergieStadions dargestellt sind. Alles fließt, nichts hat Bestand und natürlich auch und gerade in einer Stadt, die am Strom gelegen- täglich mit dem „Fluss der Dinge“ konfrontiert ist. Und diese Stadt ist keine „heile Welt“. Wolfgang Schumacher hält sie so fest, wie sie sich in den jeweiligen Monaten präsentiert, mit Ecken und Kanten, ohne Schönfärberei. Es geht in den Bildern nicht darum, vordergründig zu kritisieren, was in Köln geschieht, sicherlich darum, Nachdenklichkeit zu erzeugen, vor allem aber darum, Momente und ihre Dynamik zu einzufangen und dem Betrachter entgegen zu halten. Wolfgang Schumacher malt seine Bilder, nachdem er die Motive fotografiert hat. In seinem Atelier konstruiert und komponiert er dann seine Werke, die in einer ganz besonderen Art und Weise das repräsentieren, was und vor allem wie er es erlebt und wahrgenommen hat. Seine Malweise könnte durchaus als „impressionistisch“ bezeichnet werden versuchen doch gerade die Maler des Impressionismus, einen Gegenstand in seiner augenblicklichen, zufälligen Erscheinungsform zu erfassen statt in seiner inhaltlichen Bedeutung. Besonders eindrückliche Beispiele waren in diesem Zusammenhang die Landschaftsbilder, die meist direkt in freier Natur entstanden und nicht wie bis dahin üblich, im Atelier. Allein diese Form der Entstehung lässt den Vergleich zu Wolfgang Schumachers Bildern bereits hinken wie das ja oft so ist mit Vergleichen! … Da sind z.B. die beiden Bilder „Unter Krahnenbäumen“, entstanden 2003 und 2006. Reizvoll ist bei beiden Bildern der unterschiedliche Umgang mit ein- und demselben Motiv. Beide Bilder der nicht mehr „durchgehend“ befahrbaren Straße zeigen die Treppe an deren Ende, über welche die Straße hier nur noch zu Fuß in Richtung Nord-Süd-Fahrt verlassen werden kann: ein Paradebeispiel für die Folgen rigider verkehrsplanerischer Eingriffe. Verkörpert das ältere und kleinere Bild vor allem die typische Stimmung, die aufgrund des häufig diesigen Wetters in der Stadt zu finden ist, so lebt das 2006 entstandene Werk vor allem durch den Kontrast zwischen der im Zentrum befindlichen, genau und hart umgesetzten, graffitibesprühten Betonwand und den schräg stürzenden Linien der angrenzenden Häuser einerseits sowie des, ähnlich wie in dem 2003er Bild im Dunst verschwimmenden Hintergrunds andererseits. Diese und ähnliche Kontraste zwischen harten, klaren und weichen, fließenden Elementen sind typisch für viele Bilder von Wolfgang Schumacher. Sie finden sich auch auf dem 2006er Bild der „Mülheimer Brücke“ mit dem horizontal fließenden Rhein einerseits und dem vertikal dagegengesetzten Brückenpfeilern sowie dem auch farblich deutlich kontrastierten Signalmast andererseits. Ähnlich auch das Bild der „Neusser Straße“, in der z. B. der vordere Bereich mit den Verkehrsschildern stark und klar hervortritt, der Hintergrund in der Tiefe jedoch wieder stärker verschwimmt. Völlig unterschiedliche Versionen von ein und demselben Objekt zu gestalten, zeigt sich auch bei den beiden Großformaten über das RheinEnergieStadion. Eigentlich als Dyptichon gedacht, sind zwei singuläre Exponate mit völlig unterschiedlichen Sichtweisen entstanden. Einerseits die „emotionale Architektur“ des Stadion-Innenraums, nicht zuletzt gekennzeichnet durch die für die Menschen der Stadt so typische Wesensart: Loslassen, Freude, Singen und Fahnen Schwenken. Andererseits die pure Architektur, futuristisch anmutend, das Bild menschenleer, leuchtende Lichtmasten, auf Anhieb nur für eingeweihte erkennbar. Wolfgang Schumachers Experimentierfreude zeigt sich auch in einigen Extremformaten, zu finden z. B. bei den Bildern „Rodenkirchener Brücke“ und „Mülheimer Hafen“, das erstere in der Vertikalen, das zweite horizontal gearbeitet. Beide zeigen eine komplette Szenerie. Im Gegensatz dazu beinhaltet das horizontal gestaltete Bild „Maternuskirchplatz“ von 2006 eine scheinbar unzusammenhängende Anordnung mehrerer Quader, die lediglich einen engen Ausschnitt einer Gesamtheit darstellt und schon fast ins Abstrakte gerät auf jeden Fall eine reizvolle Detailsicht auf die Struktur der alten Kirche in der Südstadt.