Marc Adomat, Kulturdezernent der Stadt Leverkusen
Eröffnungsrede zur Ausstellung „2malig“ mit Winfried Gille, Leverkusen 2018 (Auszüge)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Richrath, liebe Ellen Loh-Bachmann, lieber Winfried Gille und lieber Wolfgang
Schumacher, liebe Gäste hier in der Galerie Künstlerbunker,
2malig lautet der Titel, den Winfried Gille und Wolfgang Schumacher ihrer gemeinsamen Ausstellung gegeben haben.
Das mag viele Gründe haben. Zunächst sind beide, so hat es den Anschein, Fans des klassischen Wortspiels.
Außerdem gehören beide – so wie ich sie kennengelernt habe – nicht zu der Sorte Künstler und Mensch, die sich
selbst in den Stand der Einmaligkeit erhöhen mögen. 2malig zu sein, passt beiden also gut ins Konzept. Dann steckt
natürlich auch das Malen in dem gewählten Wortspiel, das hier der Bildhauerei begegnet. Und last, but not least: Es
ist nicht die erste gemeinsame Ausstellung, welche die beiden im Rheinland zeigen. Es ist, Sie erahnen es, die
zweite. Die erste hieß „Transformationen“ und wurde 2012 im Burscheider Badehaus gezeigt.
Wolfgang Schumacher arbeitete schon damals mit malerisch und zeichnerisch verwandelten Fotos. Seine Technik und
sogleich sein Konzept: Er nähert sich seinem Motiv zunächst fotografisch, macht eine Aufnahme, wählt einen
Bildausschnitt. Dann legt er einen Filter auf das Foto und verändert es digital. Schließlich malt er es mit Ölfarbe auf
die Leinwand und schraffiert zum Schluss Umrisse oder Flächen. Mal mit Bleistift, mal wiederum mit Ölfarbe in einer
kontrastierenden Farbe zur Hauptfläche, wie hier hinter mir bei dem Schaf, das Schraffuren in ocker aufzeigt.
Schumacher schafft so Szenerien mit Sogwirkung für den Betrachter, egal ob er Landschaften, Städte oder Tiere in
den Blick rückt. Aus dem alltäglichen Anblick wird ein Stück Poesie, eine gemalte Geschichte mit eigener, besonderer
Atmosphäre. Schumacher erforscht in seinen Bildern das Verhältnis von Fotografie und Malerei, indem er die Grenzen
zwischen den beiden Disziplinen in Frage stellt.
Wolfgang Schumacher wurde 1957 in Opladen geboren. Mit der Fotografie kam er schon ganz früh in Berührung,
denn sein Vater war der Werksfotograf der Leverkusener Stahlfabrik Wuppermann. Im Gymnasium war dann Eckhard
Hargesheimer, der in den Siebziger und Achtzigerjahren gemeinsam mit Friedrich Engstenberg unter dem Gruppen-
Namen „bobo“ arbeitete, sein Kunstlehrer. Wie er gründete Schumacher früh eine eigene Künstlergruppe, „art
venture“. Ihre Ausstellungstätigkeit begannen die drei ehemaligen Mitschüler in der legendären Werkstattgalerie
Diese im Jahr 1987. Wolfgang Schumachers Arbeiten waren und sind in zahlreichen Ausstellungen in der Region zu
sehen.
….
Begleiten Sie mich abschließend noch auf einen kleinen Rundgang durch die Ausstellung.
Es schließen sich sechs extreme Querformate in Öl auf Leinwand an, gemalt von Schumacher. Gezeigt werden
Stadtansichten. Beispielsweise von der Kölner Christopher Street Day Parade, aus dem Kunstmuseum in Düsseldorf
oder von der in Künstlerkreisen bekanntesten Bushaltestelle im Rheinland: Es ist die Haltestelle vor dem Gebäude
der Firma Boesner, des gefragten Fachgeschäftes für Künstlermaterial. Die Technik folgt den eben beschriebenen
Maßgaben: Über ein Foto wird ein digitaler Filter gelegt. Sie finden die Bezeichnung der verwendeten Filter übrigens
jeweils in Klammern hinter dem Bildnamen. Die Filter haben Namen wie „fresko“ oder „Mit Feder nachzeichnen“. Sie
bewirken, dass die Kontraste und Konturen härter werden und die gezeigten Figuren in Habitus und Physiognomie
reduziert werden.
Weiter geht es mit Gilles Werkgruppe „Torsos“. Hier zeigt der Künstler, wie er arbeitet. Zunächst wird eine
Styroporform aus Polyester hergestellt. Sie trägt die Male des Schweißens, denn auf ihr werden Eisenbleche
aufgeschweißt. Die fertigen Figuren sehen Sie dann im hinteren Bereich. Im Zwischengang sehen Sie vier Malereien
von Schumacher zum Thema „moderne Lichtquellen“, von der Neonröhre bis hin zur Taschenlampen-App auf dem
Handy.
Im Hauptraum dann treffen sich die gemalten Stadt- und Landschaftsansichten Schumachers und zwei Paare aus
dem Schaffen von Gille. Es ist bestimmt kein Zufall, dass das gigantisch wirkende Duo „Krieger“ und „Amazone“ sich
in geringem Abstand zu einem Gemälde Schumachers befindet, das eines der berühmtesten Gefängnisse Englands,
das „Her Majesty’s Dartmoor Prison“, abbildet. Auch das Schaf, das Sie durch das Bild auf Ihrer Einladung bereits
kennengelernt haben, ist ein Engländer und stammt aus dem Dartmoor, jener Hügellandschaft in der Grafschaft
Devon, die schon viele Kriminalschriftsteller inspiriert hat. Nicht zuletzt Sir Arthur Conan Doyle, der seinen „Hund von
Baskerville“ dort herumstreifen ließ. Dem gemalten Schaf antwortet Gille gewohnt humorvoll. Er schenkt ihm gleich
zwei kleine Widder aus Eisen als Ergänzung zur gedachten Herde.
Der hintere Raum zeigt dann neben den bereits erwähnten Weltrettern Gilles Zeichnungen von Schumacher. Hier geht
er genauso vor wie bei den Ölbildern, nur dass er mit Farbstiften und Finelinern arbeitet. Das heißt, er legt einen
Filter auf seine fotografischen Fundstücke und zeichnet dann nach. Seine Motive findet er oft in England, gerne in
Liverpool.
Zwei Arbeiten führen ihn aus Europa und aus seiner bevorzugten Arbeitsweise heraus. Sie beschäftigen sich mit den
Techniken japanischer Malerei und Schumacher verwendet japanisches Papier und Pastellkreide, um wiederum eine
Stadtansicht Liverpools künstlerisch zu deuten.